Knappe Ressource
Knappe Ressource: Warum das Thema Trinkwasser immer wichtiger wird
Hahn auf, Wasser marsch! So einfach geht’s, wenn wir im Alltag sauberes Trinkwasser brauchen. Woher es kommt? Darüber machen sich die wenigsten Gedanken. Doch die wertvolle Ressource wird immer knapper. Was die Stadtwerke Bielefeld tun, um einem Wassermangel vorzubeugen und was wir alle dazu beitragen können, erklärt Experte Olaf Kulaczewski.
Was schätzt du, wie viel Trinkwasser verbrauchst du am Tag? Duschen, Zähneputzen, Wäsche waschen … Da kommt schnell eine ganze Menge zusammen. Im Jahr 2023 betrug der tägliche Trinkwasserverbrauch 121 Liter pro Kopf in Deutschland. In Bielefeld lag er mit 120 Litern leicht darunter. Dass jederzeit sauberes, trinkbares Wasser aus dem Hahn fließt, scheint für uns selbstverständlich. Für mehr als zwei Milliarden Menschen auf der Welt ist es das nicht. Woher unser Wasser in Bielefeld kommt, und welch immenser Aufwand dahintersteckt, wissen die wenigsten. Zeit, das Thema mal genauer unter die Lupe zu nehmen und jemanden zu fragen, der sich auskennt.
Aus gutem Grund: Großteil des Bielefelder Wassers stammt aus der Senne
Mitten in der Senne, unweit des Teutoburger Waldes treffe ich den Geologen Olaf Kulaczewski, der als Experte im Strategischen Asset Management bei den Stadtwerken Bielefeld arbeitet. „Hier in der Senne betreiben wir 13 von insgesamt 15 Wasserwerken, die über 154 Brunnen und für die öffentliche Wasserversorgung ein Trinkwassernetz mit circa 1.611 Kilometer Rohrleitungen verfügen“, erzählt er. Die geografische Lage wurde aus gutem Grund gewählt: „Die Böden tragen mit ihren natürlichen Filtereigenschaften dazu bei, dass das Grundwasser als Trinkwasser genutzt werden kann und heute einen Anteil von rund 50 Prozent an der Gesamtfördermenge haben. Rund ein Zehntel des Trinkwassers stammt aus dem Festgestein des Teutoburger Waldes aus etwa 100 Metern Tiefe. Die verbleibenden 40 Prozent werden in bis zu 630 Meter tiefen Brunnen gefördert. So können wir 97 Prozent des Wasserbedarfs regional decken. Die restliche Menge wird von anderen Unternehmen bezogen.“
Ökosystem Wald: Ziemlich wichtig für unser Wasser
Wald ist der größte Süßwasserspeicher, den wir haben. Und er ist auch Trinkwasserlieferant: „Der Waldboden funktioniert wie ein Schwamm, der Wasser aufsaugt und mildert so Folgen des Klimawandels wie Dürre oder Starkregen“, erklärt der Geologe. „Erst wenn er wassergesättigt ist, gibt er Wasser ins darunter liegende Grundwasser oder Oberflächenwasser ab.“ Wald kann viel mehr Wasser speichern als landwirtschaftliche Flächen oder Grünflächen – das macht ihn für die Trinkwassergewinnung so wertvoll. Durch die verschiedenen Schichten des Waldbodens wird das Wasser nicht nur gespeichert, sondern auch gefiltert. Doch in längeren Dürreperioden trocknet auch der Waldboden aus.
Die Folgen des Klimawandels sind in der Senne deutlich zu sehen. Trockenheit, Stürme und Schädlingsbefall haben den Wald schwer beschädigt. „Vor allem während der Trockenjahre 2018 bis 2020 und in 2022 hat der Wald Schaden genommen. In diesen Jahren ist auch das Grundwasser stark zurückgegangen“, berichtet Olaf Kulaczewski. „2022 hatten wir an vielen Stellen einen historischen Tiefstand. Die Stadtwerke Bielefeld mussten Brunnen zeitweise außer Betrieb nehmen oder die Fördermenge deutlich drosseln.“ Gleichzeitig sei der Wasserverbrauch der Bielefelder in diesen heißen Jahren wieder gestiegen. „Wir mussten folglich die Fördermenge über Reserven heraufsetzen und nahezu ans Limit gehen“, erinnert sich der Experte. „So eine Situation möchten wir nicht noch einmal erleben.“
Prognose für Bielefeld: Anstieg der Einwohnerzahl auf über 350.000
„Die Kapazitäten der Region sind am Limit“, sagt Wasserexperte Kulaczewski. Neben dem Klimawandel erhöht die steigende Einwohnerzahl den Druck auf die knappe Ressource. „Infolge der Flüchtlingszuwanderung in 2015 lebten plötzlich 5.000 Menschen mehr in der Stadt, da benötigt man direkt ein paar Hunderttausend Kubikmeter Wasser mehr. 2022 und 2023 gab es dann wegen des Ukrainekrieges wieder einen größeren Zuzug von Menschen nach Bielefeld. Bis zum Jahr 2050 geht die Stadt Bielefeld von einem Anstieg der Einwohnerzahl auf 350.000 aus.“ Und das sei nur die mittlere Prognose, die wir aber für realistisch halten und in unserer Wasserbedarfsprognose berücksichtigt haben (Quelle: www.bielefeld.de/node/25361).
Fazit: „Wir brauchen mehr Wasser“, betont er. „Weil die Bevölkerung weiterwächst; als Reserve – für Folgen des Klimawandels, etwa erwartbare Dürreperioden wie 2018 bis 2022, für Ausfälle von Anlagen, im Falle von Verunreinigung einzelner Wasserwerke . . . Wir waren 2018 bereits nahe am Limit, wäre das so weitergegangen, hätten wir nicht mehr jederzeit alle Stadtteile ausreichend sicher versorgen können. Das möchte sich niemand ausmalen, was das für Folgen gehabt hätte, wenn nur eingeschränkt Wasser mehr aus dem Hahn kommt. Denn dann funktioniert unser Wasserversorgungssystem nicht mehr sicher für alle Kunden und sensiblen Einrichtungen. Und dazu zählen zum Beispiel unsere Krankenhäuser.“
Das tun die Stadtwerke Bielefeld, damit das Trinkwasser nicht knapp wird
Damit ein solches Worst-Case-Szenario nicht eintritt, wollen die Stadtwerke ihre Wasserrechte erhöhen, bestehende Wasserwerke erweitern, neue Wasserwerke bauen und zusammen mit der Gelsenwasser AG eine neue Firma gründen und eine Leitung nach Bielefeld verlegen. „Über diese soll künftig Trinkwasser aus dem Einzugsgebiet der Ruhr und aus dem Sauerland nach Bielefeld gepumpt werden. „Das Fernleitungswasser wird dann nach einer laborüberwachten Eingangskontrolle mit dem Bielefelder Wasser gemischt und in Teilen der Stadt verteilt“, erzählt Kulaczewski. Was viele nicht wissen: In Verl, Rheda-Wiedenbrück und Rietberg versorgt die Tochtergesellschaft VGW der Gelsenwasser AG und so kommt dort bereits „Gelsenwasser“ aus dem Hahn.
85 Prozent des Bedarfs werden weiterhin aus eigenen Brunnen gedeckt
„Trotz des neuen Fernwasserbezuges werden wir 85 Prozent des Bedarfs weiterhin aus eigenen Brunnen decken“, versichert der Geologe. Aber auch das aufbereitete, beigemischte Wasser aus der Ruhr- und Sauerlandregion, habe eine hervorragende Qualität, da bräuchten die Bielefelderinnen und Bielefelder keine Bedenken haben. „Wasser ist das am strengsten kontrollierte Lebensmittel. Wir entnehmen regelmäßig Wasserproben an allen Stationen des Netzes – vom Brunnen bis zum Hausanschluss – und stellen so sicher, dass die hohen Anforderungen der Trinkwasserverordnung eingehalten werden. Und falls wir das „Gelsenwasser“ langfristig nicht brauchen, können wir eigene Ressourcen in umweltsensiblen Bereichen schonen und es ist doch gut, das ist wie eine Versicherung. Denn wir wollen zukünftig auf ein Spitzenszenario vorbereitet sein, realistisch, aber auch vorsichtig in die Zukunft schauen.“
Weil Wasser wertvoll ist: Wie wir Umwelt und Geldbeutel schonen
Zum Glück können wir alle dazu beitragen, die wertvolle Ressource Wasser zu schonen, regional und global. Achtsamkeit im Alltag lautet das Stichwort: „Es lohnt sich, zum Beispiel einfach mal eine Woche lang zu schauen, wann wir eigentlich wofür Wasser verwenden – und ob es hier und da vielleicht noch ein kleines Sparpotenzial gibt“, so Kulaczewski. „Ein schöner Nebeneffekt beim Wassersparen ist, dass sich das auch im Geldbeutel bemerkbar macht. Denn oft sinkt dabei automatisch unser Energieverbrauch und die damit verbundenen Kosten.“
Wassersparen im Alltag: Mit diesen Tipps gelingt‘s ganz einfach
Wassersparen im Bad:
- Sparduschkopf statt Regendusche: Ein Sparduschkopf reduziert den Wasserverbrauch enorm – bis zu 50 Prozent des Warmwasserverbrauchs können das sein. Während durch herkömmliche Duschköpfe oft bis 12 Liter pro Minute Wasser fließen, sind es bei guten Sparduschköpfen nur etwa 5,7. Schlecht hingegen schneiden sogenannte Regenduschen ab, sie kommen auf bis zu 30 Liter Wasser pro Minute, manche sogar auf mehr.
- Wasserspartasten am WC sind noch längst nicht überall Standard. Und so werden pro Spülgang schnell mal 10 Liter wertvolles Wasser verbraucht. Die gute Nachricht: Wer kein modernes WC in seiner Wohnung hat, kann trotzdem Wasser sparen und Folgendes probieren: Einfach sobald alles verschwunden ist, was weg soll, die Spültaste in die Gegenrichtung drücken, so wird der Spülvorgang sofort gestoppt. Funktioniert aber leider nicht bei jeder Anlage.
- Regenwasser für die Toilettenspülung zu nutzen, ist besonders nachhaltig. Eine Regenwassernutzungsanlage macht das möglich. Sie sammelt das Regenwasser und führt es über eine Leitung in den WC-Kasten. Auch der Garten lässt sich mit solch einer Anlage bewässern.
Wassersparen in der Küche:
- Wir verbrauchen 50 Prozent weniger Wasser und 28 Prozent weniger Energie, wenn wir unser Geschirr mit der Maschine spülen statt per Hand spülen – das zeigt eine Vergleichsstudie der Universität Bonn (Quelle: www.uni-bonn.de/de/universitaet/presse-kommunikation/presseservice/archiv-pressemitteilungen/2011/058-2011). Die Geschirrspülmaschine sollte voll beladen sein, um Ressourcen zu schonen. Dasselbe gilt auch für die Waschmaschine.
- Für jeden Topf gibt’s einen passenden Deckel, wer ihn nutzt, spart nicht nur Wasser, sondern auch Energie. Das gilt auch für die Füllmenge, bei Kartoffeln reicht es zum Beispiel völlig aus, wenn diese maximal einen Zentimeter im Wasserbad bedeckt sind.
- Obst und Gemüse in einer Schüssel mit Wasser waschen statt unter fließendem Wasser – das bietet Potenzial für eine Zweitverwertung, zum Beispiel zum Gießen der Zimmerpflanzen.
Wassersparen im Garten und auf dem Balkon:
- Vor allem in Trockenperioden ist eine intelligente Balkon-und Gartenbewässerung gefragt. Grundsätzlich sollten die Pflanzen früh morgens gegossen werden, damit weniger Wasser verdunstet.
- Grün gewinnt: Eine natürliche Gartengestaltung ist von Vorteil, denn Bäume spenden nicht nur wertvollen Schatten, sie verdunsten über ihre Blätter auch Wasser und kühlen damit die Umgebung. Steinpflaster und Schottergärten hingegen erhitzen sich in der Sonne stark.
Bewusster Konsum: Wie wir unseren Wasserfußabdruck senken
- Schon gewusst? Wir verbrauchen täglich viel mehr Wasser, als wir denken. Denn deutlich gravierender als unser direkter Wasserverbrauch, ist der indirekte. Dieser entsteht unmittelbar durch die Herstellung und den Transport von Lebensmitteln, Kleidung und Waren, die wir nutzen – für sie werden teils enorme Mengen an Wasser benötigt. Jeder Kauf, den wir tätigen, hat Einfluss auf die Wasservorräte – auch in anderen Teilen der Welt. So verbraucht die Herstellung einer konventionellen Jeans beispielsweise rund 8.000 Liter Wasser, die Produktion eines Kilogramms Rindfleisch erfordert sogar 15.000 Liter Wasser (Quelle: https://www.umweltbundesamt.de/themen/verstecktes-wasser). Und so nimmt der Druck auf die knappe Ressource stetig zu.
- Wer seinen indirekten Wasserverbrauch möglichst geringhalten möchte, sollte auf vegetarische, saisonale, regional und biologisch produzierte Lebensmittel setzen. Also zum Beispiel lieber ostwestfälische Erdbeeren im Sommer kaufen statt spanische im Winter. Bei Waren und Kleidung ist Secondhand oft die nachhaltigste Variante.
Fazit: Jeder Mensch kann durch sein persönliches Verbrauchsverhalten Einfluss auf seinen persönlichen Wasserverbrauch nehmen. Sowohl auf den direkten Pro-Kopf-Verbrauch als auch über seinen Wasserfußabdruck.