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Wärmedämmung – diese günstigen Alternativen gibt es

Wer Energie- und Heizkosten sparen möchte, sollte auch ans Thema Wärmedämmung denken.  Zum Glück müssen die Maßnahmen kein Vermögen kosten. Im Interview erklärt Experte Arnold Drewer, warum sich auch niedriginvestive Dämmverfahren lohnen und welche Vorteile sie bieten.

 

Was genau sind niedriginvestive Dämmverfahren, Herr Drewer?

Dabei handelt es sich um Maßnahmen zur Wärmedämmung, die maximal 4.000 Euro pro Einfamilienhaus kosten. Ihr Vorteil ist, dass sie auch von Menschen umgesetzt werden können, die weniger Geld zur Verfügung haben. Obwohl sie so günstig sind, sind niedriginvestive Dämmverfahren sehr effektiv, denn mit ihnen lassen sich etwa 30 Prozent der Primärenergie im Gebäudebereich mittel- beziehungsweise langfristig einsparen. Leider sind diese preiswerten Alternativen zur Wärmedämmung bisher kaum jemandem bekannt. Das ist vor allem jetzt in der Energiekrise fatal, da ein gut gedämmtes Haus die Voraussetzung ist, um überhaupt effizient Energie und damit verbundene Kosten sparen zu können.

 

Wärmedämmung für wenig Geld – welche Maßnahmen gibt es?

Ich empfehle zum Beispiel die Dämmung der Rollladenkästen. Mit einer guten Anleitung und handwerklichem Geschick kann man das sogar selbst machen. Dasselbe gilt für Bodentreppen und Kellerdecken. Alle anderen niedriginvestiven Dämmverfahren gehören allerdings in die Hände von Fachleuten.

 

Lohnt sich der Aufwand?

Auf jeden Fall. Auch über ungedämmte Rollkästen kann die Wärme aus dem Inneren des Gebäudes praktisch widerstandslos nach außen dringen, das sorgt nicht nur für unangenehme Zugluft, sondern erhöht den Heizenergiebedarf und birgt gleichzeitig das Risiko für Schimmelbildung. Eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik zeigt zum Beispiel, dass gut gedämmte und abgedichtete Rollladenkästen Wärmeverluste um bis zu 17 Prozent verringern können. Das macht sich dann natürlich auch auf der Heizkostenabrechnung bemerkbar.

 

Einblasdämmung zählt ebenfalls zu den günstigen Dämmverfahren – wie funktioniert sie?

Bei dieser Technologie werden spezielle Einblasdämmstoffe mit luftbetriebenen Einblasmaschinen in Hohlräume eingeblasen. Vor allem in Altbauten gibt es viele Hohlräume, die genutzt werden können. Ich habe mit meinem Institut für preisoptimierte energetische Gebäudemodernisierung 31 bauliche Situationen für den Altbau identifiziert, bei denen das Gebäude eine Hohlschicht hat und für Einblasdämmung infrage kommt. Zu den häufigsten Anwendungsmöglichkeiten zählt eine Kerndämmung des sogenannten zweischaligen Mauerwerks. Hier besteht die Außenwand aus einer inneren Tragschale und einer äußeren Verblendschale, dazwischen gibt es meist einen Hohlraum mit mehreren Zentimetern Luft, der für die eine Einblasdämmung genutzt werden kann. Weitere Möglichkeiten bieten zum Beispiel Dachschrägen, Dachböden, Flachdächer, Gebäudetrennfugen oder Kellerdecken mit unebenen Untersichten.

 

Welche Häuser kommen für eine Einblasdämmung infrage?

Neu- und Altbauten. Wir haben dazu eine Untersuchung beim Energieinstitut Hessen in Auftrag gegeben. Das Ergebnis war, dass etwa 30 Prozent von 19 Millionen Wohngebäuden in Deutschland geeignet wären. Ähnliches gilt übrigens auch für Nicht-Wohngebäude wie Krankenhäuser, Schulen oder Kindergärten. Durch die Dämmung all dieser zweischaligen Mauerwerke, Decken und Dachflächen, könnten in Deutschland 59 Millionen Tonnen CO2, 10 Milliarden Euro Heizkosten,185.000 Milliarden Kilowattstunden Heizenergie oder 7 Milliarden Kubikmeter Erdgas eingespart werden. Ein gewaltiges Potenzial, das nicht ungenutzt bleiben sollte.

 

Welche Vorteile bietet diese Alternative zur herkömmlichen Wärmedämmung?

Einblasdämmung ist äußerst preiswert und gleichzeitig sehr effizient. Hinzu kommt, dass sie zügig und mit nur wenig Personal umgesetzt werden kann. Bei einem normalen Haus dauert eine Kerndämmung, die von nur zwei Personen durchgeführt werden kann, nicht mal einen ganzen Tag. Es wird für das Einblasverfahren auch kein Gerüst oder dergleichen benötigt. Daher ist diese Maßnahme deutlich unaufwändiger und günstiger als das Wärmedämmverbundsystem, das zum Dämmen von Gebäudeaußenwänden genutzt wird. Einmal installiert, hält eine Einblasdämmung 100 Jahre.

 

Stichwort Nachhaltigkeit: Welches Material kommt bei der Einblasdämmung zum Einsatz?

Wir verwenden Glaswolle zur Kerndämmung. Das weiße Material sieht zwar aus wie Watte, besteht aber zu 80 Prozent aus Altglas. Glaswolle ist ein nicht brennbares mineralisches Recyclingprodukt, das bei niedriger Wärmeleitzahl hinsichtlich des Wärmeschutzes und der damit verbundenen Energieeinsparung eine sehr hohe Nachhaltigkeit erreicht.

 

Beim Thema Wärmedämmung gibt es viele Vorurteile, was ist dran?

Es gibt in Deutschland faktisch 200.000 Wohnungsbrände pro Jahr, nur zehn davon sind Fassadenbrände. Die entstehen zum Beispiel, weil noch kein Putz auf einer Außendämmung mit Styropor ist und vielleicht ein Müllcontainer daneben in Brand gesteckt wird. Also durch Vandalismus. Grundsätzlich sind Dämmstoffe nur schwer entflammbar.

Auch zum Thema Schimmelbildung gibt es Vorurteile. Fakt ist jedoch: Wo Schimmel auftaucht, da ist keine Wärmedämmung und wo Dämmung ist, da entsteht kein Schimmel. Das ist ganz einfache Bauphysik, denn Wasserdampf kondensiert an kalter Fläche aus.

 

 

Wie viel Energie lässt sich im eigenen Haushalt durch Einblasdämmung einsparen?

Durch eine Kerndämmung ungefähr 20 Prozent der Heizenergie. Bei einer Kombination aus verschiedenen niedriginvestiven Dämmverfahren sind es im Idealfall sogar 50 bis 60 Prozent. Wenn man bedenkt, dass Heizenergie den größten Anteil des gesamten Energieverbrauchs eines Haushaltes ausmacht, ist das enorm. Insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen wäre es daher wichtig, dass ihre Wohnhäuser schnellstmöglich nachgedämmt werden.

 

Welche Kosten entstehen bei einer Kerndämmung und wann refinanziert sie sich?

Diese Maßnahme kostet derzeit 3.000 bis 4.000 Euro. Ein Wärmedämmverbundsystem ist damit zehnmal teurer. Die Amortisationszeit bei einer Kerndämmung beträgt etwa vier bis sechs Jahre, dann hat man die Kosten wieder raus. Bei den aktuellen Energiepreisen geht’s sogar deutlich schneller.

 

Gibt es Fördermöglichkeiten?

Für alle Dämmungsverfahren mit einem Mindestinvestitionsvolumen von 2.000 Euro gibt es derzeit einen Zuschuss von 15 Prozent vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Ab 2023 gilt dann ein Mindestinvestitionsvolumen von 5.000 Euro. Bei der Antragsstellung muss allerdings ein Energieexperte mit eingebunden werden. Auch bei der KfW können Zuschüsse für Wärmeschutz beantragt werden. Eine Übersicht der aktuellen Förderprogramme findet man zum Beispiel auf der Website der Verbraucherzentrale NRW und über die Fördermitteldatenbank der Stadtwerke Bielefeld.

 

Können die Investitionen von der Steuer abgesetzt werden?

Ja, hier greift das Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 unter §35c EstG. Alle Verfahren werden – sofern bestimmte Werte erreicht werden – über die Einkommenssteuer gefördert, das heißt, man kann den Beleg für die Investition einfach der Einkommenssteuererklärung beilegen und dann werden 20 Prozent der Bruttokosten über drei Jahre abgeschrieben.

 

Wo finde ich eine fachkundige Beratung?

Die Verbraucherzentrale ist zum Beispiel eine gute Adresse, hier erhält man eine unabhängige Beratung. Wertvolle Informationen zu 31 Einblasdämmsystemen sind auf der Website des Fachverbands Einblasdämmung zu finden.

 

Buchtipp: „Richtig dämmen - Bauherren-Ratgeber für Sanierung und Neubau“ von Arnold Drewer.

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