18.08.2022 | 18:36
Seit einigen Wochen liefert Russland nur noch sehr wenig Gas nach Deutschland. Die Situation auf dem Gasmarkt wird immer angespannter. Die Bundesregierung hat in den vergangenen Wochen und Monaten diverse Maßnahmen ergriffen, um die Versorgung mit Erdgas über den Winter abzusichern. Hierzu gehören unter anderem gesetzliche Neuregelungen, um einen Zusammenbruch der Lieferkette von den Importeuren bis zum Endkunden zu verhindern sowie solche für die Befüllung der Erdgasspeicher vor der Winterperiode. Durch die von der Bundesregierung veranlassten Maßnahmen entstehenden Mehrkosten, die entsprechend der gesetzlichen Neuregelungen und Verordnungen durch neue Umlagen finanziert werden sollen. Deswegen werden die Stadtwerke Bielefeld die Gaspreise kurzfristig erneut anpassen.
„Wir alle beobachten die aktuellen Entwicklungen mit großer Sorge. Die Gas-Umlage ist in dieser Phase ein wichtiger Baustein, um die Energie- und Wärmeversorgung sowohl von Bürgerinnen und Bürgern als auch der Industrie aufrechtzuerhalten“, sagt Geschäftsführer Rainer Müller.
Gaspreise ab 1. Oktober
Aufgrund der neuen und geänderten gesetzlichen Umlagen erhöhen sich die Arbeitspreise im Grundversorgungstarif zum 1. Oktober 2022 jeweils um 2,478 ct/kWh netto (2,948 ct/kWh brutto). Dies führt bei einem Durchschnittshaushalt im Grundversorgungstarif mit einem Gasverbrauch von 16.000 Kilowattstunden zu Mehrkosten in Höhe von etwa 472 Euro (brutto) im Jahr. Die Grundpreise bleiben unverändert.
„Wir werden nur die beiden neuen Umlagen an unsere Kundinnen und Kunden weitergeben“, erklärt Rainer Müller. „Bei den heute ebenfalls erhöhten Bilanzierungs- und Konvertierungsumlagen handelt es sich um bereits bestehende Umlagen. Dank unserer guten Beschaffungsstrategie können wir die Belastung der Bürgerinnen und Bürger an diesem Punkt abfedern und geben diese zunächst nicht weiter. Bei den sicherlich erforderlichen nächsten Preisanpassungen werden wir sie dann aber berücksichtigen müssen.“
Gemeint mit den neuen Umlagen ist zum einen die Gasbeschaffungsumlage, die die Bundesregierung mit der Aktivierung des § 26 im Energiesicherungsgesetz (EnSiG) eingeführt hat. Damit will der Gesetzgeber sicherstellen, dass Gas-Import-Unternehmen ihre höheren Ersatz-Beschaffungskosten weiterreichen können. So sollen Insolvenzen systemrelevanter Gasimporteure und damit Lieferausfälle verhindert werden. Diese Umlage macht für die Endverbraucher eine Preissteigerung von 2,419 Cent/kWh (netto) aus.
Zum anderen wird ab dem 1. Oktober 2022 auf Basis von § 35e Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) die neue Gasspeicherumlage eingeführt. Mit dieser soll die Trading Hub Europe (THE) entlastet werden. Dieses Unternehmen ist für die deutsche Gasmarkt-Organisation zuständig. Mit der Umlage sollen die Kosten ersetzt werden, die der THE zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit entstehen. THE beschafft aufgrund neuer gesetzlicher Regelungen das Erdgas, das zur Befüllung einiger Gasspeicher für den kommenden Winter benötigt wird. Ziel ist es, auf diesem Wege die Gasspeicher in Deutschland bis zum 1. November zu mindestens 95 Prozent zu füllen. Die Gasspeicherumlage macht 0,059 Cent/kWh (netto) aus.
Abschläge werden automatisch angepasst
Damit kommen auf die Kundinnen und Kunden ab Oktober erhebliche Mehrkosten im Gas-Bereich zu. Um sie vor hohen Nachzahlungen zu bewahren, passen die Stadtwerke Bielefeld die Abschlagszahlungen automatisch an. Über die genaue Höhe werden alle Kundinnen und Kunden in einem separaten Brief voraussichtlich Anfang Oktober schriftlich informiert. Die Abschläge werden nach den individuellen Verbräuchen neu berechnet. Bis spätestens zum 11. Oktober können Kundinnen und Kunden auch einen taggenauen Zählerstand melden. Das geht über das Energie-Portal (https://portal.stadtwerke-bielefeld.de/swb/index.html), per E-Mail (meinAbschlagsplan(at)stadtwerke-bielefeld.de) oder auch telefonisch unter (0521) 51 - 76 70.
Geschäftsführer Rainer Müller: „Wir sind uns bewusst, dass diese Preisanpassung eine große Belastung für viele Bürgerinnen und Bürger darstellt. Deswegen sind wir immer offen für Sorgen und Nöte und beraten jeden gerne persönlich, der Zahlungsschwierigkeiten auf sich zukommen sieht. Auch wir hätten uns eine solche Situation zu Anfang dieses Jahres nicht vorhersehen können.“
Holger Mengedodt, Geschäftsbereichsleiter Markt und Kunde, betont: „Durch die Preisänderung und die automatische Anpassung der Abschläge werden viele Menschen Fragen haben. Deswegen haben wir in unserer Kundenberatung die Personalkapazitäten erhöht. Wir bitten aber jetzt schon um Verständnis, wenn es einmal länger dauert, weil der Beratungsbedarf wahrscheinlich enorm hoch sein wird.“ Um lange Wartezeiten am Telefon zu vermeiden, empfehlen die Stadtwerke deshalb eine Kontaktaufnahme per E-Mail über die genannte Adresse meinAbschlagsplan(at)stadtwerke-bielefeld.de. In der E-Mail kann auch eine Rückrufbitte unter Angabe einer Telefonnummer enthalten sein.
Aufruf zum Energiesparen
„Das wichtigste Gebot für jeden einzelnen wird in den kommenden Monaten sein, Energie zu sparen“, betont Rainer Müller. „Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Nur so können wir gut durch die Herbst- und Wintermonate kommen und nur so können wir die Gas- und Stromkosten einigermaßen im Zaum halten. Wer bereits jetzt Energie spart, schont nicht nur den eigenen Geldbeutel, er sorgt auch dafür, dass mehr Erdgas eingespeichert werden kann, die Versorgungssicherheit damit über den Winter erhöht wird und unterstützt damit auch die im Falle einer Gasmangellage von der Krise besonders betroffene Industrie mit ihren zahlreichen Arbeitsplätzen.“
Bei den aktuell hohen Temperaturen sind die Gas-Sparmöglichkeiten zwar begrenzt, aber alle Bielefelder und Bielefelderinnen können schon jetzt zum Beispiel beim Duschen sparen. Jede Minute unter warmem Wasser verbraucht etwa eine Kilowattstunde Energie. Zur Heizperiode lohnt sich unter anderem die Überprüfung der Raumtemperaturen, da die Absenkung um ein Grad bereits sechs Prozent des eigenen Gasverbrauchs ausmacht. Um ein weiteres Beispiel zu nennen: Jedes Grad weniger in der Küche senkt den Energieverbrauch des Kühlschranks um vier Prozent.
„Es wird in den kommenden Monaten natürlich vor allem darum gehen, Gas zu sparen. Zusätzlich sollte aber auch ganz genau auf den eigenen Stromverbrauch geschaut werden“, ergänzt Holger Mengedodt. „Die Preise für Strom sind ebenfalls hoch, und Teile unseres Stroms werden immer noch durch Gaskraftwerke erzeugt. Energiesparen muss also ganzheitlich betrachtet werden.“